Die Ursprünge des Kunstliedes können bis zum Mittelalter zurückverfolgt werden. Das deutsche Kunstlied, wie wir es heute kennen, wurde jedoch erst von Franz Schubert im 19. Jahrhundert begründet. Dietrich Fischer-Dieskau schreibt dazu: „Franz Schubert hat eine Welt von Poesie in Musik verwandelt. Er hat das Kunstlied auf eine bis dahin nicht gekannte Höhe geführt“. Erstmals wird dem Text eine besondere Bedeutung zugetragen und die musikalische Idee wird der Aussage des Gedichtes untergeordnet bzw. davon geleitet. Gleichzeitig wird das Klavier aus der Rolle der Begleiterin zu der einer ebenbürtigen Partnerin der Gesangsmelodie gehoben.
Was Schubert zu seiner Zeit revolutioniert hat treibt Hugo Wolf fast ein Jahrhundert später weiter auf die Spitze. Kein anderer Komponist besass so eine Ehrfurcht vor den Gedichten, die er vertonte. Jeder Ton, jeder Akzent, alles wurde bewusst gesetzt und hat einen Sinn. So unterschiedlich die beiden Komponisten sind, so charakteristisch ist ihre jeweilige Musiksprache.
Mit unserem Liederabend möchten wir die Klangwelten dieser beiden ausserordentlichen Komponisten anhand von ausgewählten Liedern an ein breiteres Publikum bringen. Während der Name Schubert fast zur Allgemeinbildung gehört, kennen sich ausserhalb der Musikwelt nur wenige mit Hugo Wolfs Schaffen aus. Wir möchten dem Publikum durch eine breite Auswahl und eine gut gewählte Reihenfolge der Lieder auch das Eintauchen in die etwas ungewöhnliche Musiksprache Wolfs ermöglichen. Goethes “Ganymed” wird das einzige Lied sein, dass wir von beiden Komponisten spielen. Es ist ein sehr interessantes Beispiel, da es veranschaulicht, wie unterschiedlich die Interpretation und die musikalische Umsetzung des gleichen Gedichtes ausfallen kann. Für das restliche Programm haben wir möglichst unterschiedliche Gedichte von verschiedenen Autoren gewählt um einen Überblick über das vielfältige Musikschaffen der beiden Komponisten zu verschaffen. Beide sind in ihrer Musiksprache unverkennbar und doch sehr vielfältig. So werden wir Kompositionen zu Gedichten von Goethe, Mörike, Eichendorff, Mayrhofer, Schlegel und Anderen interpretieren.
Das Publikum wird im Laufe des Abends Hintergrundinformationen über die Komponisten und die jeweiligen thematischen Blöcke bekommen. Es ist uns wichtig, unsere Begeisterung für das musikalische Schaffen Schuberts und Wolfs teilen zu können und dem Publikum die Vielfältigkeit der Kompositionen, die uns so fasziniert auf erfrischende Weise näher zu bringen.